Meister Federleicht

eine möglicherweise irritierende Wortschöpfung, für einen Handwerksmeister. Jedoch, Meister Federleicht ist eine aus dem Herzen kommende Wortschöpfung.

Sie steht für meinen Beruf als Handwerksmeister und für meine große Freude mit Worten zu jonglieren. Ich liebe es, in das Leben einzutauchen, mit Worten, und, mit allen Sinnen.

Ich muß gerade lachen, da ich daran denke, dass ich auch mit der Kelle jonlieren kann.

Nun denn, wer Spaß und Freude am Eintauchen in das Leben selbst, mit all seiner Vielfalt hat, der kann gerne mal bei mir vorbeischauen, bei Meister Federleicht

Ich wünsche dir beim Lesen all die Freude und Berührtheit, die ich, beim Schreiben dieser Texte erfahren durfte.

Herzlichst,

Meister Federleicht

 

Inhalt folgt

BAUEN KOSTET

Bauhütte im Siegerland
das weiss jeder der schon mal sein Haus oder seine Immobilie saniert hat. Oder Sie haben in Ihrem Umfeld Bekannte, die dies hinter sich haben. Oft hängen Kostensteigerungen oder mißlungene Sanierungen auch damit zusammen, dass Mann/Frau einen Bekannten hat, der einen Bekannten kennt und der wiederum kennt jemanden...........der weiss wie es geht !?

Oder Sie haben das Problem, dass das Budget nicht ausreicht, um alle Arbeiten die bei der Umgestaltung Ihrer Immobile oder auch Ihrer Wohnung anfallen, an Handwerker zu vergeben und wollen selbst Hand anlegen.

Gerne stehen wir Ihnen mit "Rat" und "Tat" mit unserem Baubegleitungs- und Bauberatungservice zur Verfügung. Dies können für Sie einzelne Gesprächstermine für anstehende Sanierungen sein, es ist aber auch möglich ein gesamtes Projekt zu begleiten. Vielleicht brauchen Sie auch einfach ein paar Tipps wie Sie Ihr Projekt selber gestalten können.

 

Fachwerkhäuser – aus Sicht eines Handwerkers und Heimatfreundes

Historische Entwicklung

Dieses kleine Werk soll Fachwerkhausbesitzern/-liebhabern oder Interessierten eine Hilfestellung und ein paar generelle Informationen zu Fachwerkhäusern geben, insbesondere im Kontext meiner Heimat, dem Siegerland. Warum? Ich liebe diese Bauweise und das Arbeiten daran. Beruf als Berufung. Wie unser Motto: Handwerkskunst – Von Hand, mit Herz und Verstand.

Für evtl. Kritiker, dies ist keine Dissertation oder ein Fachaufsatz. Aus Freude an Fachwerkhäusern und Spaß am Teilen von Informationen sind diese Texte entstanden. Der geneigte Leser möge lesen. Die anderen mögen in Frieden Ihrer Wege gehen. Ich würde mich freuen, wenn für Sie daraus ein Gefühl für Ihr eigenes Fachwerkgebäude entsteht. Wenn nicht, melden Sie sich einfach bei uns. Wir stehen Ihnen gerne zur Seite, mit Rat und Tat.

Freudenberg im Dezember 2021, Peter Schneider Maurermeister und Restaurator im Handwerk

 

Historie - Kurzbetrachtung

Für die heutigen Entscheidungen, wie saniere (im Wortsinn „heile“) ich mein Fachwerkhaus, ist es sinnvoll sich mit der Historie des Fachwerkbaus zu beschäftigen. Da es in vielen Regionen so gut wie keine alten Aufzeichnungen oder Dokumentationen über den Bau, den Erhalt und die Pflege von Fachwerkhäusern gibt, war es notwendig Wege zu finden die Bauweisen unserer Altvorderen in der Moderne wieder zu begreifen. Ausgenommen hiervon sind die klassischen Lehrbücher die gerade Mitte des 19. Jhds. immer mehr Verbreitung fanden. Allerdings beschreiben diese Bücher nicht immer die regionalen Eigenheiten und Beweggründe des Fachwerkbaus.  Im Hinblick auf technische Fragen: „Warum, wurde was, wie gebaut?“, dienen uns dabei die heute noch vorhandenen Fachwerkhäuser als Grundlage für unseren Umgang bei den Sanierungen. Hierfür ist eine genaue Betrachtung der überkommenen Bauweisen incl. der i.d.R. neuzeitlichen Fehler notwendig.

Neue Wege, oder besser Rückbesinnung?

Einer dieser Wege, ist der Weg des Erfahrens durch praktisches Ausprobieren so wie es unsere Altvorderen taten. Über die Praxis des Bauens der Fachwerkhäuser wurden in alter Zeit Erfahrungen gesammelt. Diese Praxis führte zu empirischem Wissen welche Systeme baulicher Art sinnvoll, beständig und bauphysikalisch funktional sind, wobei die Bauphysik natürlich früher keine Rolle spielte, zumindest als Begrifflichkeit. Regionalität im Hinblick auf bauliche Eigenheiten (z.B. in Norddeutschland das Ausfachen mit Ziegeln oder mehr im südlichen das klassische Lehmflechtwerk) spielte ebenso eine Rolle. Ein weiterer Punkt waren die regionalen Rohstoffquellen die mutmaßlich, mangels Infrastruktur, immer in der Nähe lagen. Nähe bedeutet in diesem Zusammenhang zu Fuß oder mit Ochsen- oder Pferdekarren erreichbar. Antrieb war mit Sicherheit immer wie mit den regionalen Möglichkeiten/Rohstoffen funktionale und beständige Fachwerkhäuser (Steingebäude als Standard sind eine eher neuzeitliche Entwicklung und waren früher den wohlhabenderen vorbehalten) errichtet werden konnten. Wir können davon ausgehen, dass die Herangehensweise simpel war: Das Prinzip war einfach Versuch und Irrtum. Letztendlich bauen wir auch heute noch nach diesem Prinzip, auch wenn wir dies aufgrund der hohen Technologisierung und Industrialisierung so nicht wahrnehmen.

Entwicklung in der Moderne

Ein Meilenstein für unsere Baukultur und Ihre Denkmäler ist die s.g. Charta von Venedig aus dem Jahre 1964. (https://de.wikipedia.org/wiki/Charta_von_Venedig)

Mit Beginn der 70er Jahre erwachte auch in Deutschland mehr und mehr, wieder das Bewusstsein, für unsere Denkmäler. Es war eine Rückbesinnung darauf, dass unsere kulturellen Hinterlassenschaften für uns Menschen bedeutsam sind. Vielleicht auch die simple Erkenntnis, das jahrhundertealte Bauweisen so verkehrt nicht sein konnten. Nicht nur hinsichtlich unserer Wurzeln, sondern auch hinsichtlich der vorhandenen Ressourcen und dem damit notwendigen schonenden Umgang durch Verwendung natürlicher Baustoffe. Ein gutes Stichwort für diese Neubesinnung ist die Ölkrise Anfang der 70er Jahre. Mit der Neubesinnung entstand selbstverständlich auch ein neuer Markt für den industriellen Komplex. Im Rückblick lässt sich anhand unzähliger Schäden klar feststellen, dass der Versuch der Industrie, unseren Fachwerkhäusern industrielle Einheitsstandards überzustülpen im Wesentlichen als gescheitert zu betrachten ist. Dies liegt in der Tatsache begründet, dass jedes Fachwerkhaus seine individuelle Baugeschichte mit seinen regionalen Baumaterialien hat. Hierzu zählen nicht nur individuelle Bauweisen, sondern auch geographische Lage und Umgebungsbedingungen wie z.B. Nachbarbebauungen. Nicht zu vergessen der Mensch, hier insbesondere die individuelle Herangehensweise der Handwerker und Baumeister. Es ist trotzdem kein Widerspruch, wenn heute in Teilbereichen unserer Fachwerkhäuser industrielle Produkte zum Einsatz kommen. Wir haben heute Produkte die uns, mit Augenmaß genutzt, z.B. im Wärme- und Feuchteschutz dienlich sind, beim Bewohnen nach heutigen Maßstäben.

Wegweisende Neuerungen durch Forschung und Bildung

Im Laufe der letzten 50 Jahre haben wir die alten Bauweisen sehr gut analysieren können. Wir sind heute in der Lage, im Besten Fall, am Bestand orientierend, Haus- und Menschengerecht unsere Fachwerkhäuser zu sanieren. Eine sehr positive Entwicklung hierbei sind z.B. die entstandene Ausbildung zum handwerklichen Restaurator und die Gründung der WTA (Wissenschaftliche-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege). Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Weiterbildungsmöglichkeiten und natürlich zahlreiche Informationen im Internet um sich selbst, auch eigenverantwortlich, mit der Sanierung von Fachwerkhäusern zu beschäftigen.

Fazit

Unser heutiger Wissensstand ermöglicht es uns, unsere Fachwerkhäuser so zu Pflegen und zu sanieren, dass diese noch lange ein Denkmal für eine großartige Baukultur sein können. Und ja, darin zu wohnen wird sich dann lohnen. Dies kann nur gelingen, wenn alle im Sinne der Häuser und Ihrer Bewohner handeln. Dazu bedarf es einer offenen und konstruktiven Kommunikation bei allen Beteiligten fernab von Egostrukturen und Gewinnorientiertem Handeln.


Die Baumaterialien

Wie im ersten Teil schon beschrieben beschränkte sich die Auswahl der verwendeten Materialien auf das was regional an natürlichen Baumaterialien vorhanden war. Im Wesentlichen waren das Holz, Kalkstein und Lehm.  Je älter die Fachwerkhäuser sind und je größer der Anteil an originaler Bausubstanz ist umso besser lassen sich Rückschlüsse auf die regionalen Bezugsquellen ziehen. Auch alte Flurnamen lassen Rückschlüsse auf Rohstofflager zu. Wie z.B. Lehmkuhle oder An der Ziegelei. Hinzu kommen noch wirtschaftliche und politische Einflüsse die zeitweise die Art des Bauens und der verwendeten Baustoffe wesentlich beeinflussten.

Das Holz

Bei uns im Siegerland sind z.B. durch den Jahrhundertealten Bergbau und die damit verbundene Hütten- und Eisenindustrie in manchen Epochen wesentliche Änderung bei der Konstruktion der Fachwerkhäuser vorgenommen worden. Waren die heute leider nur noch spärlich vorhandenen Fachwerkhäuser des 15.Jhds. noch oft sehr kleinteilig gegliederte Eichenholzkonstruktionen mit teils stattlichen Eckstielen von bis 20x20cm und mehr, so wandelte sich dies im Laufe der Zeit z.B. derart, dass der Siegener Fürst, ich glaube im 18.Jhd., teilweise mit Bezug auf ältere Regelungen, eine Verordnung erließ, dass kein Eichenholz mehr für Fachwerkhäuser verwendet werden durfte, da dieses wegen seiner Witterungsbeständigkeit im Bergbau gebraucht wurde.

Dies bedingte die überwiegende Verwendung der schnell wachsenden heimischen Fichte mit allen bekannten Nachteilen. Der positive Effekt war mit Sicherheit die geringeren Materialkosten. Dennoch hielten auch diese Fachwerkkonstruktionen, so richtig ausgeführt und gepflegt, eine sehr lange Zeit. Trotz dieser Änderungen wurden häufig die Schwellbalken, die ja die Füße des Hauses sind, aufgrund ihrer exponierten Lage häufig noch in Eichenholz ausgeführt. Aus diesen alten Regelungen ging z.B. auch das Siegerländer Sparfachwerk hervor. Dieses zeigt sich oft als Fichtefachwerk mit kleinen Ständerabmessungen von höchstens 14x14cm und den fehlenden Querriegeln in den Gefachen, die in alter Zeit die Regel waren. Dies ist besonders deutlich an unseren Fachwerkhäusern um 1900 zu sehen. Geschosshohe Ständer mit relativ großen Abständen, keine Querriegel, außer unter und über den Fenstern, lediglich Schrägstreben zur Aussteifung der Hausecken oder der Innenwände (Bundwände) und häufig in Geschosshöhe zwei Rähme in deren Mitte die Deckenbalken auflagen. Zur Veranschaulichung der Begriffe siehe Link: https://community.fachwerk.de/index.cfm/ly/1/0/image/a/showPicture/19933$.cfm

Die Dachstühle mit ihren Speichern, oder wie wir im Siegerland sagen, dem Ollern, sind in alter Zeit ebenfalls häufig in Eichenholz ausgeführt worden. In der Regel dienten diese der Lagerung von Stroh, Heu oder Getreide. Ein übliches statisches System der Dachkonstruktionen, zur Ableitung der entstehenden Kräfte waren die liegenden oder stehenden Stühle, (https://dewiki.de/Lexikon/Dachstuhl), manchmal auch Mischformen.  Die Sparrenabstände lagen bei den alten Fachwerkhäusern oft bei bis zu 1,00m. Hierbei wechselte ein dickerer Sparren immer mit einem dünneren. Hieran ist auch heute noch zu erkennen, dass diese Dächer mit Stroh, gleich geringes Gewicht, eingedeckt waren. Ein typisches Siegerländer Dach aus der Nachstrohzeit war die Eindeckung mit dem s.g. Siegerländer Pfannenblech. Aufgrund vieler vernichtender Dorf- und Stadtbrände, so brannte der „Alte Flecken“ in Freudenberg im 17.Jhd. fast vollständig ab wurden die Strohdächer irgendwann verboten. Durch das geringe Gewicht der heimischen Bleche mussten an den Dachkonstruktionen keine Veränderungen vorgenommen werden. Dies änderte sich erst mit dem Aufkommen der ersten Eindeckungen aus Tonziegeln, die ein erheblich höhere Gewicht hatten. Wer sich für die alte Herstellung der benötigten Hölzer für Fachwerkhäusern interessiert, hierzu zählen auch Fassadenbretter oder sonstige Hölzer, möge sich die historischen Filme des Landschaftsverbands Rheinland (folgend LVR) ansehen:

Sägen mit Wasserkraft (5Min.): https://www.youtube.com/watch?v=rIRw_dKpDzg

Dielensägen auf dem Schneideplatz (58Min.): https://www.youtube.com/watch?v=mXqVnNcVv0A

Der Lehm

In der Entstehungszeit der Fachwerkgebäude wurden der benötigte Lehm vor Ort in den benötigten Mengen gewonnen. Hierfür wurde der Lehm nur in Kleinmengen für die lokalen Bauaufgaben wie Gefachfüllungen, Decken- und Bodenfüllungen und Putz- und Mauerarbeiten gewonnen. Dieser wurde vor Ort, mit nur geringfügigem, auf das notwendigste beschränktem Aufbereitungsaufwand bearbeitet um diesen als Baustoff nutzen zu können.

In Fachwerkgebäuden, die den ältesten Dorfgründungen zugehörig sind, findet man heute noch Lehmbauteile die sehr viel grobe Steine enthalten. Auch Lehmfüllungen und Putze mit einem sehr hohen Strohanteil lassen sich noch finden. Hatte der Lehm einen zu hohen Tonanteil, man nannte ihn dann Fett, wurde er z.B. mit Sand oder Stroh abgemagert. Bemerkenswert finde ich die Tatsache, dass mit nur einem Baustoff so unendlich viele Bauaufgaben gelöst werden konnten. Und wer hats erfunden? Mutter Erde. Ich finde das großartig.

Im gesamten Siegerland finden sich Hinweise auf die Verwendung von Lehm als Baustoff. Viele Flur- und Straßennahmen zeigen von der im 19.Jhd. beginnenden industriellen Gewinnung des Baustoffs und zeugen von der langjährigen Verwendung des Lehms. Heute finden sich noch viele ehemalige Abbaue in unserer Gegend die teilweise riesige Ausmaße haben. Oftmals sind dort kleine Gewerbegebiete oder Industriebetriebe entstanden. So z.B. „In der Lehmkuhle“ in Geisweid oder im Bereich der Bauking in Niederschelden. Besonders sehenswert ist der, rechter Hand, im oberen Teil der Friedrich-Wilhelm-Straße in Siegen liegende riesige Abbau. Mittlerweile ist dieser Abbau mit Wohnhäusern und Geschäftsbetrieben bebaut. Als Kinder sind wir noch in den Brennöfen der alten Ziegelei herumgelaufen. Diese lag auf der anderen Straßenseite.

Aus dem abgebauten Lehm wurden mit zunehmend benötigten Mengen Lehmrohlinge erstellt. Zunächst von Hand später maschinell. Durch das Brennen der Steine entstanden die klassischen Ziegel. Dies ging mutmaßlich im Siegerland mit der beginnenden Industrialisierung und der Bevölkerungszunahme einher. Wobei es den Ziegel als solches schon seit Jahrhunderten gibt. Siehe auch die römischen Bauten. Zahlreiche alte Wohn- und Industriegebäude veranschaulichen welch ungeheure Mengen an Ziegelsteinen zu dieser Zeit produziert wurden. So begann damals die Großproduktion zunächst als reiner Feldbrand im offenen Gelände.

Siehe Film des LVR: Feldbrandziegelei (47Min.):  https://www.youtube.com/watch?v=WJP0cjhDAyM

Die technischen Entwicklungen bei der Herstellung der Ziegelsteine führten schließlich zum Bau s. g. Ringöfen. Siehe Film des LVR (38Min.): https://www.youtube.com/watch?v=ToQNMUtNA74

Der Kalk

Das Thema Kalk bzw. Kalkstein als Rohstoff für Putze und sonstige Mörtel ist, zumindest nach meinen Erkenntnissen, bezogen auf das Siegerland, etwas schwieriger zu beschreiben. Mir ist nicht bekannt, ob es entsprechende Siegerlandspezifische Publikationen gibt die sich mit der Thematik Kalk als Baustoff auseinandersetzen. Das heißt nicht das es keine gibt. Auch in unseren öffentlichen zugänglichen Archiven mag sich der ein oder andere Schatz verbergen. In den letzten Jahren wurde vieles digitalisiert. Bei Interesse: https://www.archive.nrw.de/. Auch durch die Archäologie wurden Erkenntnisse hinsichtlich des Kalksteinbrennens gewonnen. Wie z.B. eine römische Kalkbrennerei in Iversheim in der Eifel, siehe Link: https://nordeifel-tourismus.de/kulturzeit/archaeologische-denkmaeler/roemische-kalkbrennerei-iversheim oder der 2018 bei Brilon-Bleiwäsche freigelegte Kalkbrennofen aus dem 19.Jhd. Siehe Link: https://www.archaeologie-online.de/nachrichten/sparsame-kalkbrenner-4138/. Auch bei der Kalkherstellung hat die Industrialisierung dazu geführt, das aus kleinen regionalen bis zu dörflichen Produzenten, Großbetriebe entstanden sind. Diese bedienen bis heute den Bedarf an Kalk, nicht nur für die Bauindustrie.

Es gibt genügend Befunde in unseren alten Fachwerkhäusern. Diese variieren sehr stark bezüglich der Verwendung des Baustoffs Kalk. Insofern sind meine Rückschlüsse subjektiv zu sehen. Grundsätzlich unterscheiden lässt sich die Verwendung des Kalks als Bindemittel für Mauermörtel und für Putze. Mir ist aufgefallen, dass, je älter die Fachwerkhäuser sind, umso weniger finden wir größere Mengen an Kalkhaltigen Mörteln.

Ich erkläre mir dies damit, dass der Prozess der Kalkgewinnung durch den Abbau im Kalksteinbruch, das Brechen der Steine (zerkleinern), das Brennen und das Löschen des Branntkalks mit Wasser ein Zeitintensiver und mutmaßlich kostspieliger Akt waren. Siehe Film des LVR (40Min.) von 1979: https://www.youtube.com/watch?v=t0RCcJfC27s. Nicht zu vergessen die großen Holzmengen, die für das Brennen des Kalksteins notwendig waren.

In Fachwerkhäusern des 18. Jhd. habe ich häufig auf den Lehmunterputzen, die teils mehrlagig waren, lediglich dünnlagige Kalkputze gefunden. Manchmal nur knapp einen halben Zentimeter stark. Auch in dem Bruchsteinmauerwerk der Keller und Sockel sind häufig Lehmmörtel verwendet worden und lediglich die Abschluss Verfugung bestand aus Kalkmörtel. Je jünger die Gebäude werden, umso mehr finden wir eine Zunahme der Kalkmörtel.

Betrachtet man die weitere Entwicklung der Fachwerkhäuser so war um 1900 ein reiner Kalkmörtelverputz, in der Regel 2-lagig, direkt auf die Fachwerkhölzer und die Gefache eher die Regel. Auch der Verputz der Deckenunterseiten die in dieser Zeit meist aus schmalen s.g. Spalierlatten (ca. 2cm breite Holzlatten mit Abstand verlegt für den Halt des Putzes) bestanden, wurden meistens aus Kalkmörteln hergestellt.

Die unterschiedlichen Anforderungen an die Kalkmörtel, (Einbauort, Funktion) haben unsere Altvorderen zum Experimentieren veranlasst. Durch Zugabe von z.B. entfetteten Tierhaaren oder Kasein, um nur zwei zu nennen, konnten die Mörtel modifiziert werden. Vor allem bei Aussenputzen auf den Gefachen kam diesem modifizieren eine enorme Bedeutung zu.

Nicht zu vergessen ist Kalk als Anstrichmaterial. So wurden z.B. beim Einsumpfen des Kalks in Kalkgruben durch das Absinken der unterschiedlich schweren Bestandteile grobe (unten) bis sehr feine (oben) Kalksorten gewonnen. Als oberste Schicht stand das Kalksinterwasser das z. B. als Grundierung genommen werden konnte. Vor dem Aufkommen der Tapeten, die in den Anfangsjahren eher den wohlhabenderen vorbehalten waren, wurden die Putze mit Kalkfarben gestrichen. Wir finden diese Anstrichmittel bis in die 1960 Jahre. Da diese Anstriche auch noch hoch alkalisch waren schützten sie auch vor Schimmelbildung, zumindest bei frischen Kalken. Dies ist auch ein Grund warum Tierställe oft einmal im Jahr mit Kalkfarbe gestrichen worden sind.

Fazit

Die drei Hauptbestandteile Holz, Kalk und Lehm waren lange Zeit die Hauptprodukte beim Bauen von Fachwerkhäusern. Ich bin davon überzeugt, dass es mit unseren Industriellen Massenprodukten nicht gelingt diese Harmonie der dadurch entstandenen gesunden Häuser zu reproduzieren.


Fachwerk heute

Eine rein menschliche Betrachtung

Ich war versucht hier einen Text zum „richtigen“, was auch immer das sein mag, sanieren von Fachwerkhäusern niederzuschreiben. Das Problem dabei ist jedoch folgendes. Fachwerkhäuser sind wie Menschen. Sie haben ihre individuelle Geschichte. Wir Menschen sind individuelle Wesen. So individuell, dass ein jeder von uns einmalig ist. Wir haben z.B. unterschiedlichste Ess- und Lebensgewohnheiten. Da gibt es jedoch einen roten Faden, der für uns alle sinnvoll ist. Dieser ist verbunden mit Gesundheit, Harmonie und sinnvollen Lebensgewohnheiten. Wir sind, jeder für sich, einzigartig. Und so ist es auch mit unseren Fachwerkhäusern. Jedes Haus und seine Bestandteile sind individuell zu betrachten. Und schon sind wir wieder bei uns Menschen.

Der Weg der Sanierung

Es gilt eine gründliche Anamnese (Bestandsaufnahme) durchzuführen. Was wurde wie gebaut, evtl. können wir sogar das warum ergründen. Welche Materialien wurden im Laufe des möglichweise langen Hauslebens verwendet und harmonieren diese miteinander. Welche Schäden lassen sich feststellen. Und, eine sehr wichtige Facette, was möchte der Fachwerkhausbesitzer.

Aus der Anamnese können wir Diagnosen ableiten, auch wenn nicht immer die Ursachen für z.B. Schäden bestimmt werden können. Diese Diagnosen sind in der Regel der rote Faden für die geplanten Sanierungen.

Nun geht es darum, und das ist einer der wichtigsten Punkte überhaupt, als Team zu handeln. Dies, unter intensiver Einbeziehung der Fachwerkhausbesitzer und vielleicht unter Zuhilfenahme von Sonderfachleuten, sowie Handwerkskollegen der unterschiedlichsten Gewerke. Gemeinsam eine Therapie zu entwickeln, das sollte das Ziel sein. Eine Kurzzusammenfassung könnte heißen:

  • Was will, braucht das Haus?
  • Was will, möchte der Hausbesitzer?
  • Wie bringen wir die ersten beiden Punkte unter einen Hut?
  • Und der leidigste Punkt, ist das bezahlbar?

Am Ende sollte immer eine Lösung stehen die den Menschen, den Häusern und den finanziellen Möglichkeiten gerecht wird (definitiv bei Fachwerkhäusern schon mal ein schwieriges Unterfangen).

Fazit

Wenn ich heute den Fachwerkbestand im Siegerland anschaue, dann mache ich dies mit Freude und gleichzeitig mit Mitgefühl. Ich bin fast 60Jahre alt. Ich habe in meinem Berufsleben viel gelernt, durch die Häuser und die Menschen, die ich kennenlernen durfte. Dieser Text soll keine Abrechnung mit unserer technokratischen, industriellen und digitalisierten Gesellschaft werden. Dennoch ist mir durch unzählige Schäden, die ich gesehen habe, bewusst geworden, dass wir, die wir uns als moderne Menschen bezeichnen das Rad nicht neu erfinden werden. Es ist alles vorhanden was wir brauchen. Nutzen wir die Ressourcen die Mutter Erde uns zur Verfügung stellt. Mit Herz und Verstand. Es besteht immer die Möglichkeit der Rückbesinnung auf die Bauweisen, die über Jahrhunderte funktioniert haben. Das heißt nicht zurück in die Steinzeit. Es geht viel mehr darum mit Freude, Hingabe, Augenmaß und vielleicht auch mit Respekt gegenüber tradierten Bauweisen zu handeln. So werden wir den Häusern gerecht und den Menschen.

Danke fürs Lesen

Sandstrahlarbeiten

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